Tills Adoption
Nachdem sich
Emma so gut in unsere Familie eingelebt hat und ein wundervolles
Familienmitglied geworden ist, wagen wir ein erneutes Abenteuer:
Wir adoptieren Till.
Wir hatten durch
die Adoption von Emma mittlerweile Kontakt zu einigen anderen
Familien mit Kindern, die auch aus den USA adoptiert waren. Diese
Kinder sind mit Hilfe von verschiedenen Agenturen aus
verschiedenen Bundesstaaten der USA adoptiert worden. Wir haben
uns bei der zweiten Adoption für AdoptionLink aus Chicago
(Illinois) entschieden. Diese Agentur hatte eine etwa einjährige
Warteliste und wir haben uns daher schon im Juli 2003 auf die
Liste setzen lassen, als Emma erst 5 Monate alt war.
Weil wir mit
Emma noch ein Baby hatten, dachten wir in der ersten Zeit gar
nicht so oft an die nächste Adoption. Erst beim Jahresausblick
an Silvester 2003 wurde klar, dass wir uns jetzt um die Papiere
kümmern mussten. Wir brauchten einen Sozialbericht, mussten
einen Birthmother-Brief schreiben und noch einige
Fragebögen beantworten.
Zunächst haben
wir geklärt, ob die Adoption wieder genau so verlaufen könnte,
wie bei Emma: Mit Einzelfallgestattung vom
Generalbundesanwalt und Sozialbericht vom örtlichen Jugendamt.
Bald wurde klar, dass dies nicht mehr gehen würde und
dass es viel einfacher geht.
Wir kümmerten
uns nun in aller Ruhe um den Sozialbericht, den eine sehr gute
amerikanische Sozialarbeiterin im Auftrag von AdoptionLink bei
uns machte. Die Frau besuchte uns zu Hause, machte viele Fotos
und hatte einen riesigen Fragebogen. Der Sozialbericht war sehr
ausführlich und umfangreich. Wir fühlten uns verstanden und
unsere Familie war sehr treffend beschrieben. Wir waren sehr
zufrieden, da es sehr professionell war. Das waren wir vom
Jugendamt nicht so gewohnt. Es war schön so eine positive
Erfahrung zu machen.
Der Brief an die
zukünftige Birthmother fiel uns nicht leicht, damit haben wir
uns ganz schön rumgequält. Die schwangere Frau, die ihr Kind
abgeben möchte, bekommt mehrere von diesen Briefen vorgelegt und
entscheidet dann, wohin sie ihr Baby geben möchte. Was schreibt
man da? Welche Fotos nimmt man? Nach ein paar Versuchen waren wir
mit der Darstellung unserer ja schon großen Familie dann doch
zufrieden. Wir schickten den Birthmother-Brief im Mai 2004 zu
AdoptionLink und haben zu der Zeit signalisiert, dass wir nun
gern einen Kindervorschlag hätten. Emma war zwar erst 1 ¼
Jahre, aber sie war durch ihre drei Geschwister schon in ihrem
sozialen Verhalten sehr weit entwickelt.
Da sich bie
AdoptionLink gerade viele schwangere Frauen gemeldet hatten, die
ihr Baby abgeben wollten, waren wir schon auf der Liste ganz nach
vorn gerutscht und wurden den Müttern vorgelegt.
Die Mutter von
Till war 15 Jahre alt und kam Ende Mai zu AdoptionLink. Sie war
ungewollt schwanger und wollte gern eine Ausbildung als
Krankenschwester machen. Sie fand unsere Familie direkt nett und
entschied sich dafür, ihr Baby zu uns zu geben. Geburtstermin
sollte der 18. Juli sein. Sie blieb in regelmäßigem Kontakt mit
AdoptionLink und so erfuhren wir über Arztbesuche und auch über
plötzlich aufgetretene Gallensteine, die wohl sehr schmerzhaft
waren. Wir haben mit gelitten und haben das Mädchen bedauert. Es
ist wohl für den Körper eines 15jährigen Mädchens auch eine
riesige Belastung, ein Baby auszutragen.
Ende Juni fing
in unserer Familie die Hektik an. Die Wartezeit nach einem
Kindervorschlag ist eine spannende und ungewisse Situation. Wir
haben uns einerseits auf ein neues Baby gefreut und vorbereitet
(Geschwisterkinderwagen gekauft, die Babysachen wieder vom
Dachboden geholt etc.) und andererseits kann die Mutter
entscheiden, das Baby doch zu behalten. Wir kennen viele Paare,
bei denen es so gewesen ist. Wir waren emotional gebremst und
gleichzeitig sehr aufgeregt. Ich (Inga) war oft ziemlich schnell
aufgebracht und unsere vier Kinder sehnten schon den Tag herbei,
wann wir endlich das neue Baby holen.
Wir haben einen
Namen für das Baby gesucht und dafür lange Listen
geschrieben. Wir wussten ja bis zur Geburt nicht, ob es ein Junge
oder ein Mädchen wird. Wir wollten etwas lieber einen Jungen,
damit Jakob endlich Verstärkung bekommt. Mit drei Schwestern
hatte er schon genug Mädchen um sich herum. Aber wenn man selbst
schwanger ist, kann man es sich ja auch nicht aussuchen.
Die Ungeduld
spitzte sich zu. Es war kurz vor den Sommerferien und als
Klassenlehrerin musste ich Zeugnisse schreiben und Ausflüge
machen etc. Peter hatte auch noch einige Projekte, die er beenden
musste, daher arbeiteten wir wie verrückt. Dann kam die ersehnte
Nachricht. Die Leiterin von Adoption Link rief uns am Freitag
(9.7.) an, dass ein kleiner Junge geboren ist. Mit der Mutter
wurde für Montag drauf ein Termin mit der Sozialarbeiterin
verabredet, bei dem sie die schriftliche Zustimmung zur Adoption
geben konnte. Wir freuten uns sehr und machten ein Piccolöchen
auf, waren aber immer noch gebremst, da die Mutter sich ja immer
noch für das Baby entscheiden konnte.
Wir schauten
schon einmal nach Flügen und waren geschockt über die Preise.
Bei Emma waren wir zweimal im Winter geflogen. Jetzt war
Urlaubssaison und zuerst sah es so aus, als müssten wir für
weit über 2000 einen Flug mit Umsteigen in London und
Dallas nehmen
Wie schon bei Emmas Adoption sind wir zu
unserem Ltur-Laden in Ulm gegangen. Die nette Mitarbeiterin
dort hat uns verblüffenderweise noch sehr günstige Direktflüge
für den kommenden Donnerstag buchen können (mit
Rücktrittsversicherung). Mit der Buchung des Mietwagens und des
Hotels haben wir doch noch bis Montag abgewartet. Das Wochenende
war dann wieder sehr anstrengend. Es war viel zu tun, da wir eine
Reise für 6½ Personen vorbereiten mussten.
Die drei Großen
(Pauline 8 Jahre, Xenia 6 Jahre und Jakob 4 Jahre) gingen wieder
zu ihren Großeltern nach Krefeld und Emma sollte mit uns
fliegen, da sie für eine Woche noch nirgends hin konnte, sie war
ja erst 1½ Jahre alt. Geld musste getauscht werden, eine
Entschuldigung für Paulines Schule geschrieben werden, unsere
Arbeitgeber informiert werden etc
Am Montag hatte unsere Aufregung dann ihren Höhepunkt erreicht, bis endlich der erlösende Anruf kam. Die Mutter von Till hatte unterschrieben und wir konnten wirklich hinfliegen, um ihn abzuholen.
Xenia und Till
September 2004